KAPITEL 2

"Von wegen Allein", mit 46 Pites zum Fischen, das Dorfleben in Kamilari, die wilde Landschaft, und wie man einen Tag mit Anstand zu Ende bringt. 

Binnen weniger Tage scheint es sich herumgesprochen zu haben (Gabriele hat da kräftig mitgeholfen), dass es da einen Neuen gibt, der zwar irgendwo dagegengelaufen ist, sonst aber ganz nett ist. So kann ich euch bis dato mehrere Personen vorstellen deren nähere Bekanntschaft zu machen, ich mich freute. Da wären also: Ilse(A), Manny(D), Jorgos(GR), Irmgard(D), Klaus(D), Wolfgang(A)+Rosi(A) und es ist noch kein Ende abzusehen. Manchmal bekomme ich das Gefühl, ich bin hier her in die Abgeschiedenheit gegangen um Leute kennen zu lernen. So viele und noch dazu durchwegs sympathische Menschen habe ich in den letzten Jahren nicht mehr kennen gelernt.  Wenn's so weitergeht muss ich mir einen Terminkalender besorgen.

8h30 der 26.11.03 man tritt vor die Türe hinein in den Sonnenschein, der Tag ist bereits gerettet bevor er noch richtig begonnen hat. Dies ist nicht einer der seltenen Tage sondern er steht exemplarisch für die meisten Tage.

Ein wenig beschleicht mich das Gefühl, dass einem dieses gute Wetter auch mal zuviel wird und man sich dann nach den trüben, grauen, kalten und regnerischen Zeiten zurücksehnt. Aber noch bin ich nicht so weit, nein ganz gewiss nicht.


Am Tisch draußen platz genommen eröffnet sich dem Blick eine ungeahnte Weite, eine in ruhiger Kontinuität ablaufende Welt, deren Eigenheit und Schönheit sich täglich anbietet und nur angesehen, angehört, beschnüffelt und erfühlt werden braucht.

Das Monat ist bald um und ich habe noch nichts von dem was ich mir vorgenommen habe umgesetzt, immer noch bin ich eigentlich in der Phase des Staunens und des täglichen Freuen ob der Dinge die ich hier erleben kann. Und ich werde mich auch weiterhin keinem Leistungsstress unterziehen.


 

 
Obwohl es noch nicht kalt war musste ich den Kamin ausprobieren. Irgendwie heimelig und nach knapp zwei Stunden beginnt sich auch das restliche Haus zu erwärmen, zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits ein kleines Olivenwäldchen verheizt - ok ein wenig übertrieben. Sicher ist jedoch das man die Segnungen unserer modernen Wärmespender nicht richtig einschätzen kann solange man solch ein Kaminfeuer nicht näher kennen lernt. Aber es ist halt total authentisch, wenn man von Heiztasche und Umwälzpumpe für die Radiatoren absieht. :-)


Salbei, selbstgepflückt trocknet vor sich hin. Kastanien die auf den offenen Kamin warten und Manfreds Messer ihr müsst zugeben wirklich eine Schönheit  unter den Messern. Habe mich auch bereits damit in den Finger geschnitten, ist wirklich scharf. Zwischenzeitlich habe ich auch bereits andere Kräuter gefunden und eingelagert. Die Kastanien kann ich zur Zeit noch nicht machen, es ist einfach nicht kalt genug.


Und Morgens, Mittags, Abends und wann auch immer wird gelesen, wenn nicht gerade Musik gehört wird. Dazwischen laufe ich in der Gegend rum, koche oder gehe Abendessen, gehe mit Ilse und Hund Lina spazieren, leihe Klaus für den Einbau seiner Fenster einen Kreuzschraubenzieher oder bin mit Manny wie letzten Sonntag beim Fischen (ohne Erfolg zwar, aber es hat trotzdem eine Menge Spaß gemacht und ich kann jetzt mit der Angel umgehen).
Hier einige Impressionen zu diesem Tag.

Und wir haben wirklich gefischt bis die Sonne unterging und die Fische haben wir auch gesehen aber angebissen hat keiner. Die 46 Pites haben wir am verregneten Vortag in mehrstündiger Tätigkeit hergestellt und großteils beim Fischen (mit einem guten Schluck Rotwein) verzehrt. Selbige bestanden zu je der Hälfte aus Chortopites (Gemüsefüllung) und die andere Hälfte aus einer eher süßen Füllung aus Misithra (eine Art von Ziegen/Schaf Topfen urköstlich) mit Marmelade.


Und so sahen sie aus die köstlichen kleinen Dinger (links süß, rechts Gemüse).


Wirklich ihr könnt mir ruhig glauben, hier ist das Paradies. Möchte nur wissen wo sich Eva solange rumtreibt.
Weiß ich zwischenzeitlich auch schon, obwohl ich sie noch nicht kennen gelernt habe, sie ist Graphikerin und gestaltet Internetpages für die Griechen und ist allways busy. Tja, modern times. Möchte gar nicht wissen welcher Profession Adam nachgeht.


Die Metropole Kamilari diesmal von der anderen Seite aufgenommen, daher ist das Haus welches ich bewohne nicht sichtbar. Hier gibt es zwei Kaufläden die sich genau gegenüber liegen und eigentlich weiß ich nie in welchen der beiden Läden ich kaufen soll. Der eine Laden wird von einer älteren Griechin im alten Stil betrieben, der andere von einer jüngeren und nennt sich Supermarket. Ich meine, gehe ich in den einen muss sich die Andere fragen warum ich nicht bei ihr kaufe und umgekehrt, habe es bis dato vermieden dort viel einzukaufen, die Methode einmal da und einmal dort zu kaufen gefällt mir auch nicht. Da gibt's weiter einen Poppen oder auch Pappa der hat seine Kirchen und vermietet nebenbei Quartiere an Touristen, er ist sehr wissbegierig (sprich neugierig) und man erzählt sich lustige Geschichten über ihn, wie zum Beispiel das er Dinge mitgehen lässt und wenn man eine Holzlieferung erhält so ist es gut diese nicht unbeaufsichtigt zu lassen. Ansonsten sehe ich ihn manchmal auf seinem Esel vorbeireiten. Beinahe täglich hört man im Ort blechernen Megaphon-klang, dass sind dann die fahrenden Händler welche Fisch, Gemüse, Stoffe, Schuhe und alles was man so braucht anbieten. Hier gibt's natürlich auch eine Menge Klatsch und Tratsch und wenn man das Neueste wissen möchte, so kann man zum Beispiel Ilse fragen.


Seit dem letzten großen Gewitter und zwei weiteren Regentagen beginnt es überall zu blühen und zu grünen. Und mich hält jetzt nichts mehr, ich durchwandere mit den Wanderstöcken und Rucksack bewaffnet, meist in direkter Linie die Landschaft. Noch ist das möglich, noch gibt es nur wenige Zäune.

Die folgenden Bilder stammen von der letzten 5 1/2 Std. Wanderung.




Wildes und stacheliges Land, nur dünn besiedelt von Ziegen und Schafen. Die Wanderstöcke haben wirklich Sinn, so heben sie mich über dornige Büsche und derer gibt's hier wahrlich viele. Der Grund für die Stacheligkeit der Pflanzen liegt darin begründet, dass wer nicht sticht, von den Ziegen und Schafen aufgefressen wird, sobald das erste grüne Blättchen sichtbar aus dem Boden ragt. Die mit den Stachel kommen auch nicht ungeschoren davon, aber es bleiben ihnen wenigstens so viele Blätter, dass sie überleben können.
Am besten geht man auf den Wegen der Ziegen und lagert auf deren Rastplätzen unter schattigen Bäumen, wo dann ein kärglich Mahl wie doppelt gebackenem Brot, Tomaten, Äpfel und ähnliches verzehrt wird.


Zurück in die Zivilisation. In diesem Lokal verbrachte ich im November beinahe jeden Abend. Für den Rest des Winters wird das Lokal nur mehr an den Wochenenden geöffnet sein. Ist mir auch recht, denn ich möchte ohnehin mehr selbst kochen.

Die bereits etwas kärgliche Palette des Essen, links oben beginnend: Karfiol in Tomatensouce, daneben mit Reis und Gemüse gefülltes Kraut (meine Lieblingsvorspeise), weiter Hünchen mit Fisolen, links unten Leber mit Zwiebel, anschließend Ziege mit Zwiebel und ganz rechts gedünstetes Blattgemüse. Außerdem gab's natürlich noch eine Speisekarte voll anderer Gerichte.

Zu guter letzt erlaube ich mir noch vorzustellen: Jorgos, 22 Jahre alter Inhaber des Lokals, spricht ausgezeichnet deutsch dank deutscher Mutter(Ulla), besser griechisch dank griechischem Vater(Janis) und englisch wahrscheinlich weil in der Schule gelernt. Die Handbewegung habe ich ihm aufgenötigt. Ach ja, das Essen da schmeckt ausgezeichnet und der Rotwein ist trinkbar.


Und mit diesem Bild verabschiede ich das Kapitel 2 und werde mich mit einem neuen Update erst gegen Ende Dezember 03 rühren. Bis dahin wünsch ich euch eine gute Zeit.

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